Berechnung von Augenstäben

Matthias G. Ibing

Augenstäbe sind bei Fliegenden Bauten ein häufig verwendetes Verbindungselement von tragenden Bauteilen, da diese Verbindung sich einfach montieren bzw. demontieren lässt. Außerdem werden Drehgelenke als Augen ausgeführt.

Dementsprechend sind einfache Bolzen-Auge(Lasche)-Verbindungen und Drehgelenke (mit passgenauen Lagern) zu unterscheiden.

Trotz der weiten Verbreitung dieses Tragelementes gibt es keine klare Berechnungsvorschrift, was sich durch eine Vielzahl von verschiedenen Ansätze zeigt, deren Ergebnisse sehr stark von einander abweichen.

Ein Teil der mir bekannten Berechnungsansätze werde ich vorstellen und kommentieren.

DIN 18800 Teil 1 § 8.3

Klar, dass diese für die dem Baurecht zugeordneten Fliegenden Bauten maßgebenden ist. Für die ausreichende Tragfähigkeit werden geometrische Randbedingungen (Abmessungen) festgelegt.

Wenn das Material ungestört bleibt - also keine Bleche z.B. für die Sicherung der Bolzen angeschweißt oder angeschraubt werden - , ist auch bei schwellender Beanspruchung ausreichende Tragfähigkeit gegeben.

Wenn jedoch die Abmessungen nicht eingehalten werden oder Kerben durch Schweißungen oder Bohrungen (z.B. für die Sicherung des Bolzen) vorhanden sind, müssen die Spannungen ermittelt werden, um die Zulässigkeit der Beanspruchung beurteilt zu können.

Hütte Bd.IIa 6.Kolbenmaschinen, Seite 592, 28.Auflage

Ein sehr einfache, schnelle Berechnung der Spannungen in Scheitel und Flanke des Auges liefert eine alte Ausgabe der Hütte und damit ist diese Berechnung meine erster Favorit.

Das Modell ist ein Ring der mit zwei Einzellasten seitlich des Scheitels in Lastrichtung (nicht radial) belastet wird. Für den Abstand vom Scheitel werden in Abhängigkeit von Bolzenspiel Grenzwerte angegeben. Für spielfreie Drehgelenkverbindung wird kein Berechnungsmodell angegeben. Die Aussage ? Bei dünner Wandung oder bei endlicher Wanddicke kann nur Zugkraft wirken " kann ich nicht so direkt nachvollziehen, da die Last eingeleitet werden muss und dem Auge bei Verformung die Form des Bolzen aufgezwungen wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

P.Dietz, F..Rothe "Berechnung und Optimierung von  Bolzen-Lasche-Verbindungen"

Konstruktion 47 (1995) S.277-284

Diese Literatur liefert nach meiner Ansicht die beste Zusammenstellung zu der Problematik der Augen/Laschen-Problematik, auch wenn direkt kein Formelansatz für einen Nachweis hergeleitet wird.

Direkt anwendbar ist ein nicht näher hergeleiteter Formelsatz in Bild 2 der Veröffentlichung.

Interessant sind die in Bild 3 angegebenen Formzahlen für spielfreie Verbindungen sowie die Angaben zur Kontaktdruckverteilung, die aus FEM-Berechnungen abgeleitet werden. Es bietet sich an, diese Druckverteilung bei FE-Programmen anzusetzen, die keine Kontaktprobleme losen kann. Leider lässt sich Bild 3 nicht anwenden, da weder Bezugsspannung noch der Ort der max. Spannung angegeben sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bild 3 Formzahl alfa_k für spielfreie Bolzen-Lasche-Verbindung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

A.Poócza, "Zur Festigkeitsberechnung geschlossener Stangenköpfe"

Konstruktion 19 (1967) Heft 9, S.361-364

Diese Veröffentlichung darf nicht fehlen, da sie vielfach zitiert und übernommen ist (z.B. Peterson, Stahlbau). In vielen Fällen werden Augen nach den Angaben von Poócza nachgewiesen, da die Formzahlen in einem Diagramm direkt angegeben werden. Doch man sollte sich mit der Herleitung beschäftigen, da oft zwei wesentlich Voraussetzungen für die Anwendung die Diagramms übersehen werden:

- Die maximale Spannung muss an der Flanke auftreten (Wie weiß man das ohne genaue Berechnung ?).

- Das Spiel darf nicht klein und nicht groß sein (Ohne Erfahrung kaum abschätzbar!).

Da jedoch die Herleitung angegeben ist, lassen sich Spannungen für jeden Ort und sinnvolles Spiel berechnen, wenn man erfolgreich programmiert hat.

Das Modell entspricht dem Modell aus der Hütte (siehe oben) mit der Erweiterung für überhöhten Scheitelquerschnitt. Dazu wurden zwei integrierbare Ansätze für das Trägheitsmoment gewählt, aus denen eine gemeinsame Näherungsfunktion für die Schnittgrößenermittlung gebildet wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beke, Bleich : Berechnung von Augenstäben

Bleich stellt in seinem Buch "Berechnung eisener Brücken" das von Josef Beke veröffentlichte Verfahrenen zur Berechnung von Augenstäben ("Beitrag zur Berechnung der Spannungen in Augenstäben", Eisenbau 1921, S.233) vor.

Das Modell ist ein Kreisring mit cosinusförmiger Lastverteilung im Kontaktbereich mit dem Bolzen und konstanter Last in entgegengesetzter Richtung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Berechnung ist vollständig hergeleitet, dass die Schnittgrößen und Spannungen an beliebiger Stelle des Auges bestimmt werden können. Die Anwendung setzt geringes Spiel mit ausreichend steifem Auge im Scheitel voraus, damit die cosinusförmige Lastverteilung gültig ist.

Die Formeln für Scheitel (Schnitt 2-2) und Flanke (Schnitt 1-1) werden wie folgt angegeben:

Flanke (Schnitt 1-1) : M1 = P * r * (1/2 + beta - sin(alfa)/4)

Scheitel (Schnitt 2-2) : M2 = -P * r * (sin(alfa)/4 + gamma - beta - 1/pi)

Normalkraft: N = P * (sin(alfa)/4-beta)

Spannung sigma = N/F +/- M*v/Z * r/(r+v) mit Z = r² * ( r * log ((r+a/2)/(r-a/2)) - a ) und v = Abstand von der Ringachse (+ nach außen), v = a/2 => Außen-, v = -a/2 => Innenrand.

 

 

Wird fortgesetzt !!!! (Stand 25.08.02)

 

Beispiel